Straßenbahn

Das Übrige

Der Ausstand der Straßenbahner vom 27. Mai bis 9. Juli 1921

Die Forderungen der Streikenden und die Antwort des Magistrats

Am 27. Mai 1921 traten die Arbeiter und Angestellten der Straßenbahn in den Ausstand. Sie forderten die Anpassung ihrer Löhne an die der übrigen städtischen Arbeiter und Angestellten. Deren Löhne wurden zum 1. Januar 1921 um 125 Mark pro Monat erhöht, die der Straßenbahner aber nicht, weil diese einen eigenen Tarifvertrag hatten.

Der Tarifvertrag wurde zwischen dem Arbeitgeberverband, dem Deutschen Straßenbahner, Kleinbahnen und Privatbahnen e.V., als Vertreter für die Stadt der Straßenbahn und dem Transportarbeiterverband für die Arbeitnehmer geschlossen. Die übrigen städtischen Arbeiter und Angestellten gehörten zum Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter, wodurch sie einen anderen Tarifvertrag hatten. Dieser sah höhere Teuerungszuschläge vor, als der Tarifvertrag der Straßenbahner.

Den nun erfolgten Ausstand der Straßenbahner sah der Magistrat als Bruch des Tarifvertrages an und stellte klar: "Dieser Ausstand steht im schärfsten Widerspruch zu dem Tarifvertrage, der zwischen der Stadt und den Arbeitern der Straßenbahn gilt."

Der Magistrat hätte, auch wenn er gewollt hätte, den Lohn der Straßenbahner gar nicht anheben dürfen. Der Vertrag sah eine Lohnerhöhung nur dann vor, wenn der Arbeitgeberverband dem zugestimmt hätte. Der Magistrat hatte schon einmal die Löhne erhöht, musste dies aber wieder rückgängig machen und darüber hinaus eine hohe Geldstrafe bezahlen. Er sah sich auch nicht gewillt die Löhne der Straßenbahner zu erhöhen und begründete dies mit der schweren finanziellen Situation der Stadt. Der Betrieb der Straßenbahn warf keine Gewinne ab, sondern war auf Zuschüsse durch die Stadt angewiesen. Somit würde es allen wirtschaftlichen Grundsätzen zuwiderlaufen, wenn in einem Betrieb, der schon jetzt erhebliche Zuschüsse fordert, die Löhne noch weiter gesteigert würden.

Auf einer Sondersitzung des Magistrats am 28. Mai 1921 wurde beschlossen, den Straßenbahnern eine Frist bis zum folgenden Montag, 30. Mai 1921, zu geben um die Arbeit wieder aufzunehmen, andernfalls müsse mit weitreichenden Folgen gerechnet werden. Am 30. Mai 1921 wurde diese Frist auf den 1. Juni 1921 verlängert und darauf hingewiesen, dass jeder Streikende der nicht am 1. Juni 1921 die Arbeit aufnimmt fristlos entlassen wird.

Die Streikleitung hatte unterdessen per Säulenanschlag zu einer öffentlichen Vollversammlung am 31. Mai 1921 um 19:30 Uhr im Gesellschaftshaus "Alter Fritz" eingeladen, zu der besonders die Vertreter der Parteien eingeladen wurden. Ebenfalls an diesem Tag hat die Vollversammlung des Fuhr- und Werkstattpersonal einstimmig beschlossen, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen, wenn ihre Löhne an die der übrigen städtischen Arbeiter angepasst werden.

Das Gesellschaftshaus "Alter Fritz" stand in der Zimmerstraße.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier das spätere Hans-Otto-Theater untergebracht. Nach der Wende 1989 wurde das Theater wegen Asbestbelastung ausquartiert.
Das Gebäude wurde im März 2010 abgerissen.

Bild: Blick auf das Schloss Sanssouci

Blick auf das Schloss Sanssouci.
Aus der Straßenbahn kann man nur das Dach sehen.

Erklärung des Magistrats

In der Potsdamer Tageszeitung vom 31. Mai 1921 wird eine Stellungnahme des Magistrats abgedruckt, auf dessen komplettes Zitat des Textes an dieser Stelle verzichtet wird.
Ausgeführt wird hierin das Gehalt eines Arbeiters der Straßenbahn unter der Vorraussetzung er ist mindestens ein Jahr im Dienst, ist verheiratet und hat ein Kind.

Angestellt als durchschnittliches
Monatseinkommen
Jahreseinkommen
ungelernter Arbeiter 1.046,25 Mark 12.555 Mark
angelernter Arbeiter 1.067,00 Mark 12.804 Mark
Facharbeiter 1.108,53 Mark 13.303 Mark
Schaffner (zuzüglich Dienstkleidung) 1.025,42 Mark 12.305 Mark
Fahrer (zuzüglich Dienstkleidung) 1.046,17 Mark 12.554 Mark

Weiter wird in der Zeitung ausgeführt, dass die Löhne der übrigen städtischen Arbeiter und Angestellten bis zum 1. Januar 1921 gleich waren. Es wird noch auf besondere Regelungen der Bezüge hingewiesen. So wurde zum Beispiel im Krankheitsfall der volle Lohn weitergezahlt. Der Magistrat trat zu diesem Zeitpunkt den Beweis an, dass die Löhne höher waren als die der Industrie. Trotzdem forderten die Arbeiter und Angestellten der Stadt eine Lohnerhöhung von 150 Mark monatlich (1.800 Mark pro Jahr).
Da es zu keiner Einigung über die Löhne kam, wurde ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. Bei diesem Verfahren wurde dann eine Lohnerhöhung von 125 Mark pro Monat (1.500 Mark pro Jahr) festgelegt. Da der Schiedsspruch für beide Seiten bindend und endgültig war, mussten die Stadtverordneten der Erhöhung der Löhne zustimmen.

Die Arbeiter der Straßenbahn, vertreten durch den Transportarbeiterverband, hatten ebenfalls einen Antrag auf höhere Löhne gestellt. Ein aus Stadtverordneten und Magistratsmitgliedern gebildeter Ausschuss hatte diesen Antrag abgelehnt und gemäß dem Tarifvertrag das Schlichtungsverfahren eingeleitet. Die letzte Instanz, der Hauptausschuss in Berlin, lehnte den Antrag des Transportarbeiterverbandes mit der Begründung der Unterbilanzierung des Straßenbahnbetriebes ab. Der Hauptausschuss sah es als unzumutbar an, der Stadt Potsdam mit einer Unterbilanz von 12 Millionen Mark einen weiteren Lohnaufschlag von 250.000 Mark anzulasten. Dies ginge schon gar nicht, weil der Straßenbahnbetrieb eine Unterbilanz von 650.000 Mark aufwies. Dieser Beschluss ist, wie bei den anderen städtischen Mitarbeitern auch, für beide Seiten bindend und endgültig.


Lesen Sie auf der nächsten Seite weiter